Der Einsatz von Herdenschutzhunden (HSH) ist vor allem in der Schafhaltung weit verbreitet. Doch auch in der Pferdehaltung werden HSH erfolgreich zum Schutz von Pferden eingesetzt. Dabei ist es wichtig, dass die Hunde vertrauenswürdig, aufmerksam und schützend gegenüber den Weidetieren agieren, die sie beschützen sollen (Coppinger et al. 1982). Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist die soziale Bindung zwischen den HSH und den zu schützenden Tieren. Um diese Bindung zu fördern, wachsen die Welpen in der „Herde“ auf und lernen, dass alle Tiere in ihrem Territorium zum Rudel gehören und beschützt werden müssen (AG Herdenschutzhunde e.V.).
Auch zwischen Pferden und HSH können sich soziale Bindungen entwickeln, die sich u.a. durch das freundliche Verhalten der Pferde gegenüber den HSH zeigen (Voigtländer-Schnabel et al. 2022). In der Studie wurde gezeigt, dass Pferde signifikant häufiger freundliches (Aufmerksamkeit gegenüber den Hunden) als unfreundliches Verhalten (Ohren anlegen oder Trittdrohung) gegenüber den HSH zeigten. Bei unfreundlichen Verhalten der Pferde zogen sich die HSH sofort zurück, was darauf hindeutet, dass die Hunde gelernt haben, Drohungen von Pferden zu erkennen. Interessanterweise zeigten die Hunde Interventionsverhalten bei sogenannten Spielkämpfen der Pferde (Hengste), indem sie bellten und zwischen den Pferden umher liefen. Hunde greifen auch in das Spiel und aggressiven Begegnungen ihrer Artgenossen ein (Ward et al. 2009). Ein ähnliches eingreifendes Verhalten zeigen Pferde, um das Aggressionsniveau innerhalb der Gruppe zu senken und soziale Bindungen aufzubauen (Schneider und Krueger, 2012). Das beobachtete interspezifische Interventionsverhalten von den HSH bei Spielkämpfen zwischen Pferden deutet ebenfalls darauf hin, dass die Hunde in der Studie ein gewisses Maß an sozialer Bindung zu den Pferden aufgebaut haben.
Soziale Bindungen konnten überdies bei HSH und freilebenden Ponys in Spanien nachgewiesen werden (Lagos und Blanco, 2021). Hier wurden zwei spanische Mastiff erfolgreich mit Garrano-Ponys vergesellschaftet und in die Herde integriert. Übergriffe auf Fohlen waren in der Herde mit HSH geringer und auch in anderen Herden auf demselben Gebiet gab es weniger Fohlenverluste.
Ob die Anschaffung von HSH zum Schutz von Pferden sinnvoll ist, muss individuell für jede Haltung bewertet werden. Erste wichtige Informationen zur Anschaffung und Haltung von HSH bietet das Bundeszentrum Weidetier und Wolf. Hier finden sich zudem wichtige Adressen zur Herdenschutzberatung sowie Informationen zu Fördermöglichkeiten in den einzelnen Bundesländern. Eine Beratung wird in jedem Fall empfohlen.
Das Video „Wolf – Pferd – Kangal: Ein Reich für Harald“ gibt einen interessanten Einblick, wie die Integration von HSH in eine Pferdegruppe ablaufen kann.
Folgende Links bieten weiterführende Informationen zur Thematik:
VFD-Leitfaden für den Einsatz von Herdenschutzhunden
Weiterführende Informationen zu Herdenschutzhunden (alphabetische Reihenfolge):
Arbeitsgemeinschaft Herdenschutzhunde e.V.
Interessensgemeinschaft Herdenschutz plus Hund e.V.
Verein für arbeitende Herdenschutzhunde e.V.
Bildnachweis: Birgit Gerigk
Referenzen:
Coppinger R, Lorenz J, Glendinning J, Pinardi P (1983) Attentiveness of guarding dogs for reducing predation on domestic sheep. J. Range Manag. 36, 275 – 279.
Lagos L, Blanco P (2021) Testing the use of dogs to prevent wolf attacks on free-ranging ponies in NW Iberia. CDPNews 23:20-27.
Schneider G, Krueger K (2012) Third-party interventions keep social partners from exchanging affiliative interactions with others. Animal Behaviour 83:377 – 387.
Voigtlaender-Schnabel S, Vogel L, Bathen M, Greiner B, Gruentjens T, Hempel E, Herold P, Krueger K, Martin H, Schuette P, Solmsen E-H, Wiezorek S (2022) Reactions of horses to wildlife and livestock guarding dogs. CDPnews 24:49-58
Ward C, Trisko R, Smuts BB (2009) Third-party interventions in dyadic play between littermates of domestic dogs, Canis lupus familiaris. Animal Behaviour 78:1153-1160.
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